So, gestern Abend war es dann soweit: Mein erstes Konzert der aktuellen Grönemeyer-Tour „Dauernd Jetzt“. Und was soll ich sagen – es war großartig. Und ihr müsst diesen Satz mit einem überraschten Unterton vor dem inneren Ohr hören.
Mit meiner Meinung, dass ich das aktuelle Album für das schlechteste seit „Grönemeyer Zwo“ halte, habe ich in interessierten Kreisen nicht hinterm Berg gehalten. Daher war ich im November, nachdem das Album raus war, auch schon kurz davor meine Konzertkarte wieder zu verkaufen. Jetzt bin ich sehr froh, dass ich das nicht getan habe.
Die Stimmung in der Köln-Arena war großartig, bei Publikum und Band. Alle, vor allem Herbert selbst, waren großartig aufgelegt und es gab sogar eine Premiere, zumindest bezüglich der Konzerte, die ich bisher gesehen habe: Herbert beim Crowd Surfen. Das zwar nur kurz und vielleicht in der Senioren-Version ;-), aber immerhin.
Die Besetzung war so reduziert, wie seit langem nicht mehr, keine Streicher, kein Chor, nur die Band. Und ich habe nichts vermisst. Den Chor von der „Schiffsverkehr“-Tour hatte ich ohnehin teilweise als eher störend empfunden, da gefiel mir die Band als gelegentlicher Background sehr viel besser. Die Streicher fehlten allenfalls bei „Demo“, aber auch das war zu verschmerzen.
Da ich einen Platz mit Blick auf den Bühnenaufgang hatte, war es sehr schön zu sehen, wie sich die Band schon kurz vor dem Beginn eintanzte und einsang. Auch mitzubekommen, wie Herbert nach Ende noch einmal halb die Treppe herauf kam, um dem Publikum beim Verlassen der Halle zuzugucken, war ein kleiner, toller Moment am Rande.
Alles weitere nun in Kurzkommentaren zur Setlist:
Unter Tage: Eines der Lieder, bei dem ich schon beim Hören der CD das Gefühl hatte, dass es Live vielleicht funktionieren könnten. Das hat sich bestätigt. Das Konzert begann im Dunkeln, nur die Bandmitglieder hatten Stirnlampen umgeschnallt. Stimmungsvoller Anfang.
Wunderbare Leere: Eines der beiden Lieder von „Dauernd Jetzt“, das ich mag. Kam auch live gut. Das andere, „Ich lieb mich durch“, ist für mich unverständlicherweise nicht im Set.
Fang mich an: Mag ich nicht, auch live nicht. Dafür, dass es die zweite Single-Auskopplung und dadurch eines der bekannteren Lieder aus DJ ist, war mMn die Stimmung auch eher Mau.
Unser Land: Belanglos, aber live anhörbar. Da gibt es sowohl stilistisch, wie inhaltlich andere Stücke, die ähnlich, aber deutlich besser sind (Keine Heimat, Luxus z.B.)
Uniform: Peitscht gut hoch, kann sich aber wegen der Gegensätzlichkeit von Strophe und Refrain nicht gut „halten“.
Bochum: Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt… Egal wie oft, live immer wieder toll. Und unsereins, so als Westzipfler, singt die erste Zeile natürlich mit noch mehr Inbrunst. Tiefer im Westen, als bei uns, geht ja nun mal nicht. Da ging dann auch das erste Mal im Publikum richtig die Luzie ab.
Schiffsverkehr: Leider das einzige Lied aus dem Vorgängeralbum, dass es auf die aktuelle Setlist geschafft hat. Gerade die Schiffsdiesel-Bass-Linie hat live einfach was.
Stück vom Himmel: Wieder – leider – das einzige Stück, dass aus der „12“ übrig geblieben ist. Entgegen vieler gegenteiliger Meinungen mag ich das Album sehr und hatte gehofft, dass „Liebe liegt nicht“, „Leb‘ in meiner Welt“ oder „Kopf hoch, tanzen“ es vielleicht auf die aktuelle Tour schaffen würden. Das Lied an sich kam gut, gehört für mich aber zu denen, auf die ich auch durchaus verzichten könnte.
Männer
Was soll das
Vollmond: Das Oldie-Medley. Da kocht die Halle, da boxt der Papst im Kettenhemd. So auch gestern in Köln. Mein Favorit aus den Dreien ist definitiv „Vollmond“. „Was soll das“ könnte für mich raus, das ist wirklich eins von den ausgeleierten Liedern, denen auch ein neues Kleid nicht mehr hilft (Erklärung s.u.). Ich verstehe aber, dass der Teil des Publikums, der das nicht schon seit 25-30 Jahren macht, das Lied als Teil eines „Best of“ hören will.
Neuer Tag: Kann weg.
Flugzeuge im Bauch: Für mich *der* Höhepunkt des Abends. Das war nach Herberts Worten das ausgeleierte Lied im neuen Kleid. Und was für ein Kleid es war! Ganz reduziert mit Kontrabass, Klavier und Akustik-Gitarre, einfach wun-der-schön. Ich liebe den Song ohnehin, in fast jeder Version, vielleicht (inzwischen) mit Ausnahme der originalen Album-Version. Aber diese jetzige Fassung schlägt alle vorherigen um Längen.
Der Weg: Schwieriges Thema. Gestern Abend kam das Lied sehr schön rüber, aber von den neueren „Anna“-Liedern (ich nenne Sie jetzt einfach respektlos mal so), fände ich es schön, wenn „Der Weg“ vielleicht irgendwann durch „Zu dir“ ersetzt würde.
Roter Mond: Ehrenhaftes Anliegen, Song spricht mich einfach nicht an. War aber OK.
Fisch im Netz: Großartig, dass dieses Lied es aus der „Blick zurück“-Tour in die aktuelle geschafft hat. Und nach Herberts Worten „Kennt kein Schwein, ist aber schön“, bin ich also „kein Schwein“ 😉 Ging trotzdem gut ab, da anscheinend genug alte Recken vor Ort waren.
Musik nur, wenn sie laut ist: Immer wieder schön, und inzwischen auch eines der „Must haves“.
Mensch: Neben „Bochum“, wahrscheinlich das Grönemeyer-Lied überhaupt. Und mit was? Mit Recht! Wunderbare Stimmung in der Halle, genau in der Balance zwischen fröhlich und leichter Melancholie, exakt wie es das Lied verdient. Toll war die Samba-Variation im letzten Teil des Stücks, bei der Herbert zum wiederholten Male sein Talent als begnadeter Tänzer unter Beweis stellen konnte*g*.
Alkohol: Ein weiterer der alten Kracher. Gehört für mich gedanklich irgendwie mit „Vollmond“ zusammen, wobei ich lieber zum Werwolf werde und selbigen um Mitternacht anheule. Wäre für mich – neben „Was soll das“ – vielleicht der zweite Kandidat dieser Kategorie, den man mal austauschen könnte. Wenn’s was von der „Bochum“ sein soll, wie wär’s mit „Für dich da“?
Bleibt alles anders: Wir durchqueren auch auf dieser Tour wieder den Hades zum Ziel. Das Lied verbreitet live eine tolle Atmosphäre, die ich nicht missen möchte.
Oh, wie ist das schön… Zum Ende des Hauptblocks, bzw. Beginn des 1. Zugabenblocks stimmte das Publikum den alten Klassiker an und Herbert hat vergnügt mitgemacht. Schön die Stelle, an der er angefangen hat mitzusingen, das Publikum leise wurde und er meinte „Nee, macht weiter, ich sing‘ euch die zweite Stimme“. Ich hatte also gestern Herbert Grönemeyer als Backgroundsänger. Wer kann das schon von sich behaupten, außer den anderen ca. 20.000, die gestern da waren.
Morgen: Die erste Single aus „Dauernd jetzt“ und wahrscheinlich auch das Lied aus dem aktuellen Album, das am besten beim Publikum ankam. War nett, mehr aber auch nicht. Und ja, ich weiß, wer die große Schwester von „Nett“ ist.
Ich dreh mich um dich: Eine weitere, sehr freudige Überraschung, dass dieses Lied es in die aktuelle Tour geschafft hat. Einer der Ruhepole des Abends und einfach nur zum Dahinschmelzen schön.
Zeit, Dass Sich Was Dreht: Der „Bruder Jakob“ der Grönemeyer-Konzerte. Nach meinem Ohr hat der Kanon diesmal nicht ganz so gut hingehauen, aber auch hier kocht die Stimmung natürlich hoch.
Oh, wie ist das,…: Zum 2. Zugabenblock, eine zweite Runde. Und nochmal prima.
Land unter: Die Anmoderation auf Niederländisch war super und wenn es stimmt, dass das Lied erst durch die holländische Hitparade so richtig zum Durchbruch gekommen ist, schulden wir unseren Nachbarn was. Das Publikum hat auch wieder sehr schön mitgesungen, es kam aber nicht ganz so sehr das Gänsehaut/Pippi-in-den-Augen-Gefühl auf, wie an gleicher Stelle bei der „12“-Tour. Das ist aber auch völlig in Ordnung, da macht jede Tour ihre eignen Gesetze und Höhepunkte.
Demo (Letzter Tag): Wieder ein wunderbarer Moment. Wie kann ich, als Tochter meines Vaters, das wahrscheinlich einzige Lied, das das Wort „Segelflug“ enthält, nicht lieben? Und Herberts Hommage ans Publikum in der letzten Strophe war wunderbar und kam sehr authentisch und herzlich rüber.
Halt mich: Wenn man es länger nicht mehr, gehört hat, umso schöner, vor allem weil Herbert sich seine inzwischen abgenudelte Anmoderation verkniffen hat. Für mich eines der schönsten Liebeslieder in deutscher Sprache.
Feuerlicht: S. „Roter Mond“
Fang mich an (Remix): Auch der Remix macht’s nicht besser. Gefällt mir als Rausschmeißer nicht, weil ich es einfach nur anstrengend finde. Konnte den Gesamteindruck eines tollen Abends aber nicht schmälern.
Alles in allem: Könnte sein, dass ich mir doch noch ein weiteres Konzert der Tour angucken werde. Der Abend hat Lust auf mehr gemacht.
English:
Last night was the night: My first concert of the current Grönemeyer tour „Dauernd Jetzt“ (“Permanently Now”). And what can I say – it was brilliant. And you have to hear this sentence with a strong note of surprise in front of your “inner ear”.
Among interested parties I didn’t keep back my opinion that I regard the current album as the worst since “Grönemeyer Zwo” (more than 30 years old, and only his 2nd one). Therefore I strongly considered selling my ticket for last night back in November 2014, when the album was released. Now I’m very glad I didn’t.
The atmosphere in Cologne was brilliant, equally among the band and the audience. Everyone, Herbert in particular, was in high spirits, and we even had a premiere, at least as far as the concerts I have attended so far, are concerned: Herbert doing some crowd surfing, only shortly, and perhaps in the “senior citizen”-version ;-), but still.
The instrumentation was as reduced, as I haven’t seen it in a long time, no choir, no strings, just the band. And I didn’t miss a thing. As I had perceived the choir from the last tour as disruptive in places, I much preferred the band as occasional background singers, where needed. The only song, where the strings might have been missing, was “Demo”, but even that was still more than OK.
As my seat had a view of the stairs leading to the stage, it was great to see the band getting their groove on singing and dancing already before the start. Also, to see Herbert come back half-way up the stairs after the concert to watch the audience leave the building was a lovely little moment.
All in all: It might happen that I’ll attend another concert of this tour. Last night whet my appetite for more.
(I’m going to spare you the blow-by-blow of the individual songs, but if you want to know about any of them, just drop me a comment, and I’ll translate that, too).
Die Phtos sind nicht der Brüller (Handy), bringen aber vielleicht doch ein bisschen Atmosphäre rüber:
The photos are nothing special (mobile phone), but perhaps they transport a little of the atmosphere: